Alpentour 2000
16.06.00 , 06.45 Uhr
Nach dem Packen wurde die „satte – Liter – Schüssel“ aus der Garage geschoben – Au weia, da war doch der vordere Reifen platt. Ab zur Tanke und ordentlich Luft auffüllen. Gegen 17.30 Uhr war ich als Erster beim Treffpunkt bei der Raststätte in Langwedel. Bis gegen 17.50 Uhr trudelte dann auch der Rest ein (bis auf Jürgen und Frank, die nicht mit dem Zug fuhren). Lediglich Claudia war zur vereinbarten Zeit um 18.00 Uhr noch nicht am Treffpunkt. Sie wurde gegen 18.15 Uhr mit einer ,,Laola“ empfangen.
Und ich hatte zwischenzeitlich Luft aufgefüllt. Ab nach Hildesheim mit meiner Bitte zum Luftstopp bei der Raststätte Allertal. Dort Luft ablassen, auffüllen und mit Günthers Reifenpilot im Bugteil die Reise antreten. In Hildesheim wurden von den geschickten Fachkräften (wahrscheinlich Schienendemontierer) der Bundesbahn unsere Mopeds „verknotet“. Günther nötigte uns zum ersten Grappa – Das Schicksal nahm seinen Lauf. Dann ging’s auf zur Döner Bude wo es lecker Essen gab, daß noch bis zum nächsten Morgen noch schwer im Magen lag. Da hatten es unsere Imbißfreunde von MC-Donalds schon besser, die hatten nach einer Stunde schon wieder einen leeren Magen.
Um 21.45 Uhr sollte unser Zug rollen. Auf dem Bahnsteig zu dieser Zeit alle versammelt – erklang es aus dem Lautsprecher, das es ca. 20 Minuten Verspätung gibt. Na ja, hatte Claudia auch gehabt – was soll’s. Erst mal in so ’ner verruchten Bahnhofskneipe mal ein Pils zischen. Nix da – kein Zapfhahn zu finden. Unsere Girls Marlies und Inge machten sich auf den Weg zum Stadtbummel – oder so. Als wir auf dem Bahnsteig wieder ankamen, stand schon unser Zug da. Da hatte sich der Lautsprechersprecher wohl ein bißchen vertan : Marlies und Inge waren noch ein wenig bummeln. Als die Beiden mit Ihrer Shopping-Tour fertig waren, konnte der Zug auch starten. Im Zug nach ein paar Dosen Pils und ein wenig schlafen.
17.06.00
Ankunft in Lörrach. Mopeds abladen und ab gings. Frühstück Im Engel und treffen mit Jürgen und Frank. Nach Rührei und Brötchen auf in die Alpen. Grenzübergang Rheinfelden und wir waren in der Schweiz. Das erste Kaffee trinken dann in Entlebucht. Dann der Glaubühlenpaß (1100). Oben angekommen fragte ich Günther, ob ich sein Gepäck nehmen soll, damit er nicht mehr so langsam fährt (sein Gesichtsausdruck war bei dieser Frage schon nett anzusehen). Auch unser Jürgen kam „angedampft“. Lustig kringelten die Rauchwölkchen von seiner Bremsscheibe empor, ein echter Heizer- zumindest was die Bremse angeht.
Beim Brüningpaß (1400) sagte ich Günther dann, daß ich sein Gepäck nicht mehr nehme ( Ein Ausdruck von Genugtuung huschte über sein Gesicht und seine Augen fingen wieder an zu leuchten – sagenhaft mit welchen Kleinigkeiten man ihm eine Freude bereiten kann. )
Dann Sustenpaß (2200) und Oberalppaß (2200) bis zum Hotel Alpina in Breil. Dort wurden abends unsere Touren- T-Shirts mit den Namen der Mitfahrer versehen und es gab lecker Essen und ein paar Schluck Bier.
18.06.00
Sonntag morgen im tiefen Schlummer – plötzlich um 06.00 Uhr Glockengeläut – naja hört bestimmt gleich auf – denkste – erste Verwünschungen – nützen nix – Kissen über die Ohren – nützt nix – Foltermethoden für den „Glöckner“ ausdenken – hilft auch nichts, aber lenkt vom Glockengeläut ab. Um 07.00 Uhr das Gleiche von vorn – von meinen Kirchensteuern wurde das bestimmt nicht bezahlt.
Nach dem Frühstück um 07.30 Uhr starteten wir kurz nach 09.00 Uhr. Jürgen kontrollierte den Ölstand an seinem „Töff‘ und befand ihn für gut, weil noch kein ,,Peilstabrost“ vorhanden war (aha – so geht das bei Fachleuten) Wieder Sonnenschein und ein herrlicher Tag. Bei der Abfahrt von Breil lag unter uns der grün schimmernde See des Wasserkraftwerkes. Dann durch das alte Rheintal und über den Juliapaß (2200) nach St.Moritz. Am Silvaplanasee gab es mal wieder Kaffee, Eis und für mich ein paar Spaghetti (die unserer Claudia auch sehr mundeten). Dann über den Malojapaß nach Italien zum Splüggenpaß, der auf unseren Millenium-T-Shirts abgebildet ist. Wir überquerten noch den San-Bernadinopaß, schauten uns den Wasserfall der Rofflaschlucht an und die Via Mala. Ein traumhafter Tag mit unsagbar vielen schönen Landschaft, Kurven und einer prima Stimmung in der Gruppe.
Stichwort Kurven: Die Erinnerung sagt mir, daß an diesem Tag der erste ,,Schnittenalarm“ gegeben wurde, d.h. das einige die Hupe betätigten, wild mit einer oder zwei Händen den Mädels zuwedelten und die Konzentration beim „Töff“-fahren gewaltig nachließ. Bei diesem speziellen Fall handelte es sich um eine blonde Radfahrerin in dunkelblauem Badeanzug (oder auch schnöde Trikot genannt), top Figur, leicht gebräunte Haut auf der sich im Sonnenlicht die kleinen Schweißperlen spiegelten. Trotz freier Fahrbahn wurde ich langsamer, ließ mir Zeit und genoß die Landschaft (oder Aussicht). Tja, Schnittenalarm wurde in diesen ersten Tagen noch bei Mädels gegeben, die man im Mopedbereich mit einer – sagen wir mal – MV Augusta vergleichen könnte.
Das Abendessen mit Saltimbocca a’la Romana, Risotto und Blattspinat mundete uns nach ca. 320 KM doch sehr. Die Idee für eine Nachffahrt wurde bei Grappa geboren.
19.06.00
Da ich meine Aufzeichnungen für diesen Tag verbummelt habe, wird dieser Tag unserem Chopperfahrer Jürgen gewidmet. Der Kampf um die Pole-Position und Gespräche über das zu frühe Aufsetzen in Schräglage ließen ihn nur müde lächeln. Die Filterlose klebte zwischen seinen Lippen und die verspiegelte Sonnenbrille ließ keine Rückschlüsse auf seinen Gemütszustand erkennen. Gedanken an Beschädigungen an den Mopeds beim Bahntransport ließen den Rest erschaudern. Chopper-Jürgen schaute die „Festzurrer“ nur intensiv an und jeder wußte, wer erschaudern mußte, sollte er auch nur den kleinsten Kratzer an seiner Virago finden.
Zurückgegebener Wein wurde von ihm kurz kommentiert und in der eisigen Stille am Tisch wußte jeder, dass jetzt jedes Wort zuviel war. Labelo-Käufer, die die gesamte Gruppe bei brütender Hitze warten ließen und sich anschließend mit einem kurzen Hupton an die Pole-Position setzten, ließen sein Gemüt nicht erhitzen. Schnittenalarm brauchte er nicht – er wußte die Mädels winken ihm zu. Er zeigte den Frauen auch nachts keine Sternenbilder (Großer Bär oder so). Chopper-Jürgen und seine Virago, wußten wo ihre Stärken lagen. Und diese Stärken lagen bestimmt nicht in der Mitnahme von Plüschtieren, dem Kauf von Plüschtieren oder dem Tragen von Plüschringen (Plüschringe: Dürfen nicht mit Wasser in Berührung kommen und nach Mitternacht nicht gefüttert werden). Auch die Nachtfahrt von einigen ,Durchgeknallten“ ließen ihn an diesem Tag nur unmerklich mit dem Kopf schütteln. Selbst auf den Pässen, wenn der Virago die Luft ausging wurde Chopper-Jürgen nicht unruhig. Erst als bei der Regenfahrt auf der Autobahn der Standstreifen aufgesucht werden mußte, weil der Luftfilter endgültig ,,abgesoffen“ war und der Tabak der durchnässten Filterlosen auf seinen Tank bröselte vernahmen einige ein leichtes Murren, das aber auch von einem vorbeifahrenden Lkw gekommen sein könnte. Hier konnte der Luftfilter nicht mehr gereinigt werden , sondern wurde von ihm einfach eliminiert.
Mit der Autobahn hatte er sowieso schlechte Erfahrungen. Beim Gasgeben mit seiner Virago erzitterten beim Einsetzen des gewaltigen Drehmoments die Spiegel und er verlor Michael hinter sich aus den Augen. Beim nächsten Stopp erzählte man ihm, daß Michael auf die Autobahn gefahren und sich über die endlose Zahl der Geisterfahrer gewundert hätte. Auch Claudia fuhr auf die Ausfahrt der Autobahn, hatte dann aber keine Lust entgegengesetzt zu fahren und drehte auf der Bahn um. Jürgens einzige Sorge galt hier Michael, weil dieser ohne Vignette auf einer Schweizer Autobahn gefahren war. Der Hinweis, daß eine ,,Linksfahrer-Vignette“ auch wahrscheinlich teurer gewesen wäre, ließ nach dem guten Ende ein lächeln über seine Lippen huschen. Das Straußenfilet zum Abendessen mundete uns allen und ließ Chopper-Jürgen zufrieden zu Bett gehen.
20.06.00
Wieder mal Glockenläuten und Packen, da es heute nach Italien ging. Nach dem Frühstück noch schnell ein paar Karten schreiben, weil man schließlich schon Briefmarken in der Schweiz gekauft hatte. Eine kurze Star(t)aufstellung in sengender Morgensonne – ein kleines Erinnerungsfoto und schon gings los in Richtung Albulapaß. Auf dem Paß (2100) bewunderten wir ein paar Radfahrer, die mit ihren kleinen Rädern den Berg heruntergeschossen kamen. Ich war ganz froh, daß ich nicht in diese Richtung fuhr, die hätten mich womöglich noch überholt. Auf dem Weg dorthin hatte sich unser Tourenguide einen Test für uns ausgedacht. Trotz Absprache mit Stefan hielt er nicht an der nächsten Tankstelle, sondern ließ in Eigenverantwortung immer den jeweils Letzten an einer Abbiegung warten. Das dieses abgesprochene System wirklich funktioniert, wurde nachher von allen erstaunt festgestellt. Das eine Gruppe Bremer Mopedfahrer über die halbe Schweiz verteilt war, stellte sich bei näherer Betrachtung als Gerücht heraus.
Weiter ging es über den 2505 Meter hohen Berninapaß nach Livigno, wo man Zollfrei einkaufen kann, falls man dort nicht in der Mittagszeit an kommt. Naja, es sollte erstmal zollfrei getankt werden. Jürgen H. haßt diese blöden schriftlichen Erklärungen an den Selbstbedienungstankstellen und kann das auch so – prima, jetzt weiß er auch, warum er für 10000 Lire nur 0,56 Liter Benzin bekommt. Aber ich war ja über jeden Tankstopp erfreut, weil ich gleich mal wieder Luft in die Reifen füllen konnte. Lars und ich bleiben nach einem Cappuccino noch in Livigno, weil wir dort noch etwas einkaufen wollten. Handy-Nummern wurden ausgetauscht und wir wollten nach unserem Einkauf in zügigem Tempo die Verfolgung der Gruppe aufnehmen. Der Einkauf war recht amüsant, da Lars sich sehr angeregt mit der äußerst hübschen italienischen Verkäuferin auf italienisch unterhielt. Obwohl Lars sich richtig Mühe gab, hatte ich den Eindruck, daß er eine Speisekarte beim Italiener auswendig gelernt hatte und die Verkäuferin überhaupt nichts verstand – vermutlich lag es aber auch an ihren Sprachkenntnissen. Dann auf zum Stilfser Joch – und siehe da, ein Teil der Gruppe wartet dort schon auf uns. Man hat sich halt verloren. Ein verzweifelter Kampf zwischen Detlef und seinem Handy hatte bereits stattgefunden – doch es kam kein Empfang zustande. Nachdem ich über mein Handy mit Dietmar Kontakt aufgenommen hatte, trafen wir uns in Santa Maria. Im Comic hätte ich Detlef jetzt mit einer recht großen Wutlocke dargestellt. Nach glücklicher Zusammenkunft ging es weiter über Bozen, das Eggental und nach Obereggen.
Dort kamen nach wir nach 350 KM bei der Familie Specker an und waren so richtig schön kaputt. Erst mal ein bißchen frisch machen, lecker essen und nachdem Deutschland bei der WM ausgeschieden war, wurde ein wenig bis gegen 03.00 Uhr gezecht und mit 61000 Lire in Rechnung gestellt. – ganz nach dem Motto uns geht’s gut, wir haben keine Sorgen,uns geht’s Gut wir pfeifen auf den Morgen.
21.06.00
„The day after“ – Lieber Glockenläuten, als diesen Kopf. Nachdem ich ein wenig verschlafen hatte, wurde gegen 08.00 Uhr aufgestanden. So richtige Späße waren beim Frühstück noch nicht angesagt. Der Verbrauch an O-Saft zum Frühstück , stieg rapide an und so`n unscheinbares kleines Aspirin kann manchmal ganz schön lecker sein. Auf Antrag von Warmduschern, Sauna-ganz-unten Sitzern und Frauenverstehern wurde an diesem Tag nur eine verkürzte Tour gefahren. Über den Karerpaß (2050) mit kurzer Rast am Karersee. Auf dem Parkplatz am See konnten wir gerade noch dem Parkplatzwächter ausweichen und somit die Parkgebühren sparen – Man war das ein günstiger Tag. Obwohl – so richtige Freude kam beim Karersee nicht auf. Über den S. Pellegrino Paß (1963 geschätzt) ging es nach Falcade, wo wir einen kleinen Kaffee zu uns nahmen. Über den Fedaiapaß gings dann zur Marmolada. Unterwegs ein bißchen die Schuhe lockern und Füße baden, ein paar ganz eifrige Humoristen warfen große bis sehr große Steine daneben ins Wasser und waren vollends begeistert – und ich war naß.